Die weibliche Kreatur und der Fluch der Erkenntnis

Die weibliche Kreatur und der Fluch der Erkenntnis

von Isabella Kreim

Eine verdichtete Quintessenz des Mythos über den Wissenschaftler, der sich anmaßt, einen künstlichen Menschen zu erschaffen, bringt Regisseur und Autor Falco Blome in 90 Minuten auf die Bühne des Ingolstädter Altstadttheaters.
Bereits mit seinem Einstieg schreibt Blome Mary Shelleys Roman weiter:
Falco Blomes "Frankenstein" beginnt mit dem Erwachen einer von Frankenstein geschaffenen weiblichen Kreatur! Was wäre gewesen, wenn das Geschöpf eine Frau gewesen wäre? Wenn sich Frankenstein um ihre Erziehung gekümmert hätte?

Emily Marie Seidel als Viktor Frankenstein löst ihre zusammengebunden Haare und wird so zu einer anderen Schöpferin, Mary Shelley, die erzählt, wie obsessiv sie diese Geschichte bedrängt hat, wie klar und scharf im Halbschlaf ihr diese Vision ihres genialen Romans vor Augen stand.
Und das von Frankenstein erschaffene weibliche Wesen entdeckt, was sie von der Kreatur unterscheidet. Die Frage der Selbsterkenntnis. Wer bin ich? Und sie entdeckt in einer Bibel die Geschichte vom Baum der Erkenntnis und der Vertreibung aus dem Paradies.
Falco Blome zeigt die Parallelen auf, den Segen und Fluch des menschlichen Erkenntnisdrangs, von Adam und Eva über den Menschenerschaffer Prometheus, auf den sich ja bereits Mary Shelley in ihrem Untertitel bezieht, zu Viktor Frankenstein, aber auch allen anderen Erfindern, Forschern, Dichtern oder Musikern  und verzahnt sie mit zentralen Szenen aus dem Frankenstein-Roman.

Falco Blomes intellektuelles Geflecht aus Mary Shelley, Genesis, Nietzsche, Goethe und anderen Textquellen kommt nicht verkopft, sondern äußerst sinnlich, spannend, schaurig und  geistreich auf die Bühne. Dafür sorgt auch Ausstatter Markus Jordan mit einer doppelten Rückwand, einer schwarzen Folie mit weißen chemischen Formeln, hinter der das Monster bedrohlich durchscheint. Künstliche Augen und weisse Operationsnähte schimmern gespenstisch im blauen UV-Licht. Ultraschallgeräusche von pochenden Herzen verstärken den Gruseleffekt...

Foto: Ina Wobker

Kulturkanal am 03.12.2018
    
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