Stadttheater: "Einige Nachrichten an das All" im KH

Stadttheater: "Einige Nachrichten an das All" im KH

von Isabella Kreim

„Einige Nachrichten an das All“ ist ein ebenso tiefsinniges wie durchgeknalltes Stück, das eine nicht zu bewältigende Fülle an Geschichten aufmacht, die selbst der Autor Wolfram Lotz nur noch in gegen Ende seitenlangen Fußnoten seinem eigenen Theatertext formal einverleiben kann.
Absurdes Theater und TV-Show, das Theater als Metapher für einen nicht mehr durchschaubaren Wirrwarr an Banalitäten und existentiellen Schicksalen, eine Zutatenliste für Gemüsepfanne, Sinn des Daseins und Tod und Sterben, sarkastischer Witz und tiefe, auch sentimentale Traurigkeit, absurde Zufälle und die Angst vor der Leere, die mit unzählbaren Freizeitaktivitäten, Studien und Praktika übertüncht wird, wie sie eine TV-Moderatorin in einem aberwitzigen Aufzählungsmonolog darlegt.
Diese "Leiterin des Fortgangs", versucht in der Attitüde einer TV-Entertainerin Struktur in das Chaos zu bringen, das Wesentliche herauszufiltern. Wichtige Menschen aus Geschichte und Medien sollen ihre Quintessenz über die Befindlichkeiten der Erdenbewohner in das All senden. Aber damit den Außerirdischen die Entschlüsselung leichter fällt: nur in einem Wort.
Das Ergebnis, das ein Forscher aus dem 18. Jahrhundert, eine Politikerin, hier Sarah Wagenknecht, und die Entertainerin selbst liefern: "Mama", "Bums" und "Unterhaltung".

Man kann sich verlieben in diese kleinen wunderbaren Geschichten - und sich in ihnen verzetteln. Vielleicht ist dies der Regisseurin Maaike van Langen passiert, von der sich die Theaterleitung drei Tage vor der vorgesehenen Premiere getrennt hat.
Oberspielleiterin Mareike Mikat hat in nur einer Woche in einem enormen Kraftakt die Weichen völlig anders gestellt. Straff und ein wenig klamaukig nimmt sie die Vorgabe der „Leiterin des Fortgangs“ auf: „Nur keine Leere aufkommen lassen“. Unterhaltung!
Und Dank dieses wunderbaren Ensembles  gelingt die  Kehrtwende in der Lesart des Stücks auch über weite Strecken hervorragend.
Doch dieses Gelingen beruht auch auf Weglassen weiterer Ebenen und Dimensionen des Texts.
Der Schluss, diese von Wolfram Lotz zugegeben bis zur Unspielbarkeit getriebene Verzahnung der Geschichten, diese Multi-Komplexität, die das Theater leisten kann, endet entttäuschend in einer Schabernack-Polenaise aller Figuren. Implosion, statt der von Lotz immer wieder beschworenen Explosion.
Aber letztlich kann man an dieser Unmöglichkeit des Theaters  und der Hilflosigkeit aller anderen Methoden, unserer Welt gerecht zu werden, wie sie Wolfram Lotz grandios in diesen Theatertext gepackt hat, nur scheitern.
Und dies ist das eigentliche Thema von "Einige Nachrichten an das All". 

Foto: Ludwig Olah

Kulturkanal am 13.02.2020
    
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