von Isabella Kreim
Wer es in der letzten Spielzeit verpasst hat: "Werther" im Jungen Theater wird wiederaufgenommen.
Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“: Ist das nicht für heutige Jugendliche eine öde Gefühlsduselei in altmodisch umständlicher Sprache?
Keineswegs, wenn man die Grundkonstellation dieser Dreiecksbeziehung so heutig definiert wie derzeit im Jungen Theater des Stadttheaters Ingolstadt.
Regisseurin Julia Mayr findet immer wieder spielerisch rasante und aussagestarke Situationen, um nicht nur diese leidenschaftliche Liebe, sondern auch die Konflikte zwischen den bürgerlichen Konventionen und einem freien, aufmüpfigen Leben zeitlos zu charakterisieren.
Denn Lotte steht nicht nur zwischen zwei Männern, sondern zwischen zwei Lebensvorstellungen. Und solche Entscheidungen muss auch jeder junge Mensch von heute für sich treffen. Lieber auf Nummer Sicher gehen, auch wenn es ziemlich langweilig und spießig werden könnte? Oder Mut zum Risiko, zu einer aufregenden, leidenschaftlich gelebten Gegenwart mit schwer kalkulierbarer Zukunft?
Ausstatterin Dietlind Konold lässt eine alte Kutsche mit Nachttischlämpchen und eingebautem Keyboard in die Bühne ragen. Ein nostalgisches Relikt, das den historischen Abstand zur Goethezeit sinnfällig ins Bild schiebt. Die Distanz zur Goethezeit nicht einfach zu negieren ist klug gedacht, bewahrt die Inszenierung vor einer platten Modernisierung und erleichtert es den Darstellern, Goethe-TExte zu sprechen und dennoch auch mit einigen behutsam eingefügten heutigen Formulierungen die Grundkonflikte deutlich zu machen
Freier Verkauf für Samstag, 12. Januar, und Samstag, 2. Februar
Foto by Ludwig Olah: Benjamin Kneser, Paula Gendrisch, Michael Amelung