"In meinem Alter rauche ich immer noch heimlich"

"In meinem Alter rauche ich immer noch heimlich"

von Isabella Kreim

„In meinem Alter rauche ich immer noch heimlich“ im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt ist der Volltreffer eines aktuellen Theaterstücks über die Vielfalt des Frauseins im Islam und eine Aufführung, die die Vitalität unter der Burka zum Vorschein bringt, mit drastischem Witz punktet und dennoch unter die Haut geht.
Und es ist auch ein Stück gegen unsere westeuropäische Überheblichkeit, alle muslimischen Frauen als Unterdrückungsopfer über einen Kamm zu scheren. Denn ja, was diesen Frauen an männlicher Gewalt passiert ist, klingt nach tiefstem Mittelalter, aber auch: wie aufklärt, emanzipiert oder auch frustriert erkämpfen sich diese muslimischen Frauen ihre Nischen der Selbstbestimmung!

Neun Frauen auf der Bühne. Frauen unter sich. Im Wellnessbad. Sie reden über Männer, über guten Sex und Gewalt in der Ehe, sie träumen vom Heiraten oder sind froh, endlich geschieden zu sein und sie quatschen auch über Figurprobleme, Enthaarungscremes und heimliche Affären. Sie sind zwischen 16 und 60, gebildet oder ungebildet, gläubig oder ungläubig, liberal oder konservativ, schwärmerisch hoffnungsvoll oder abgebrüht frustriert. Sie geraden sich in die Haare und solidarisieren sich. Aber hier geht es weder um „Sex-in-the-City“-Geplänkel noch um einen Femininismusdiskurs der 70er Jahre:
Was dieses Stück so aufregend macht: Es sind muslimische Frauen, die hier in einem algerischen Hamam, einem Badehaus also, eine vielstimmige Innensicht auf das Frausein im Islam geben. Und so prallen hier nicht nur, manchmal durchaus komödiantisch, unterschiedliche Erfahrungen mit Männern aufeinander. Alles, was uns so verstören mag an arabischen Traditionen, Zwangsheirat und Ehrenmord, islamistischer Terror, Frauenfeindlichkeit, Unterdrückung aber auch der Mut, sich Freizügigkeit zu erkämpfen, wird in diesen persönlichen Frauengeschichten als authentische Alltagswirklichkeit erkennbar - und ist politischer Sprengstoff.

Foto: Jochen Klenk

Kulturkanal am 16.05.2016
    
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